Ob Sperrriemen beim Reiten genutzt werden sollten oder nicht, ist eines der meistdiskutierten Themen im Reitsport. Es gibt sowohl Pro als auch Contra in puncto Sperrriemen und eine klare Antwort ist schwer zu geben. Wie bei vielen Dingen im Reitsport hängt die Entscheidung von verschiedenen Faktoren ab, die sowohl die Reiterin und den Reiter als auch das Pferd betreffen. In diesem Artikel beleuchten wir die Vor- und Nachteile des Sperrriemens beim Pferd, stellen die gängigsten Modelle vor und geben euch wichtige Kriterien an die Hand, die ihr bei eurer Entscheidung auf jeden Fall berücksichtigen solltet.
Was ist ein Sperrriemen und was spricht für oder gegen seine Nutzung?
Ein Sperrriemen ist ein wichtiges Ausstattungsstück an der Trense von Pferden, das vor allem zur Kontrolle der Bewegung des Maules dient. Er wird am Zaumzeug befestigt und umrundet die Schnauze des Pferdes. Grundsätzlich gilt: Es gibt kein klares Ja oder Nein auf die Frage, ob eine Nutzung zu befürworten ist oder nicht. Jeder Fall ist individuell zu bewerten und unterschiedliche Aspekte spielen eine Rolle.
Sperrriemen und der Faktor Mensch
Der Umgang der Reiterin und des Reiters mit dem Zügel beeinflusst stark, ob ein Sperrriemen beim Pferd sinnvoll ist oder nicht.
Unruhige Reiterhände
Besonders Anfänger haben oft mit unruhigen Händen zu kämpfen, was zu einer zu großen Bewegung des Gebisses im Pferdemaul führen kann. Langfristig schädigt das den Kiefer und das Zungenspiel des Pferdes. Ein Sperrriemen kann hier helfen, das Maul zu stabilisieren und den Druck gleichmäßiger zu verteilen.
Feinere Zügelhilfen
Ein Sperrriemen kann die Hilfengebung des Reiters präziser machen. Da das Gebiss weniger Spielraum hat, kommen die Signale der Reiterhand direkter beim Pferd an. Somit werden die Hilfengebung zum Pferdekopf feiner und sensibler und der gesamte Druck auf den Kopf wird geringer.
Sperrriemen und die Individualität von Pferden
Jedes Pferd ist einzigartig und reagiert unterschiedlich auf den Sperrriemen. Die Anatomie und Empfindlichkeit des Mauls sind hier besonders hervorzuheben.
- Nervenbahnen im Maulbereich: Im Bereich des Sperrriemens verlaufen viele Nervenbahnen. Ein wichtiger Ausgangspunkt des Gesichtsnervs befindet sich z. B. im Bereich des Reithalfters. Die Nervenbahnen ziehen sich von dort bis zum Maulende und in den Bereich des Sperrriemens hinein.Wird der Sperrriemen zu fest gezogen, können die empfindlichen Nervenbahnen beeinträchtiget und die Bewegungsfreiheit des Pferdes eingeschränkt werden.
- Bewegungsfreiheit des Kiefers: Ein zu straff geschnallter Sperrriemen hemmt die Bewegungsfreiheit des Kiefers. Dies kann das Gleichgewicht des Pferdes stören und das Abschlucken des Speichels erschweren, was für das Pferd unangenehm ist.
- Form des Nasenrückens: Diese variiert je nach Knochenstruktur des Pferdes, wodurch die weiche Nüsternpartie entweder länger oder kürzer ausfällt. Daher ist es besonders wichtig, die Position des Reithalfters individuell anzupassen.
- Zungenspiel des Pferdes: Einige Pferde neigen dazu, die Zunge über das Gebiss zu drücken, was zu Problemen führen kann. Ein Sperrriemen kann hier helfen, die Zunge in Position zu halten. Gegner argumentieren allerdings, dass ein Sperrriemen die Bewegungsfreiheit der Zunge einschränkt.
Arten von Sperrriemen
Es gibt zwei gängige Varianten von Sperrriemen, die unterschiedliche Auswirkungen auf das Pferd haben:
Klassischer Sperrriemen
Dieser wird fest um das Pferdemaul geschnallt und sollte mit etwa zwei aufgestellten Fingern Spielraum angebracht werden. Der klassische Sperrriemen kann jedoch die Atmung beeinträchtigen, da er im Bereich der Nüstern eine Verengung verursacht, was besonders bei Ausdauersportarten problematisch sein kann.
Seitlicher Sperrriemen
Diese Variante wird seitlich am Nasenriemen befestigt und lässt die Nüstern frei, sodass das Pferd uneingeschränkt atmen kann. Auch hier gilt die Zwei-Finger-Regel, um eine ausreichende Bewegungsfreiheit zu gewährleisten.
Was der Knochenbau des Pferdes mit der Sperrriemen zu tun hat
Der Knochenbau des Pferdekopfes variiert stark – er kann schmal oder breit, lang oder kurz, groß oder klein sein. Dadurch verändern sich auch die optimalen Positionen für die Verschnallung. Es ist entscheidend, Trensen und Sperrriemen individuell an den Knochenbau des Pferdes anzupassen, um Druck auf den weichen und empfindlichen Nasenrücken zu vermeiden. Unten seht ihr, wie der klassische und der seitliche Sperrriemen korrekt liegen sollten, um die Anatomie des Pferdes bestmöglich zu berücksichtigen.
Knochenbau und klassischer Sperrriemen
Knochenbau und seitlicher Sperrriemen
Empfindliche Nervenbahnen und wie diese die Verschnallung von Reithalfter beeinflussen
Nun werfen wir einen genaueren Blick auf die Nervenbahnen. Pferde sind komplexe Geschöpfe und der Verlauf der Nervenbahnen kann von Tier zu Tier variieren. Allgemein gilt jedoch: Am gesamten Pferdekopf befinden sich empfindliche Nervenbahnen. Die Nervenbahnen entspringen mehreren Nervenknotenpunkten (Hauptbereiche, wo zentrale Nervenbahnen von innen nach außen treten und einen starken Einfluss auf den Pferdekopf haben) und verlaufen oft im Bereich des Reithalfters bzw. Sperrriemens. Ein zentraler Knotenpunkt beginnt im Hauptbereich des Nasenrückens bzw. Reithalfters. Um diesen Knotenpunkt zu entlasten, sollten Reithalfter sowie Sperrriemen locker verschnallt werden und die Zäumung sollte korrekt sitzen.
Nervenbahnen und klassischer Sperrriemen
Der klassische Sperrriemen verläuft leicht über die Endung der Nervenknotenpunkte und über den weichen und empfindlichen Bereich der Nüstern.
Nervenbahnen und seitlicher Sperrriemen
Der seitliche Sperrriemen verläuft weniger stark über die Endung der Nervenknotenpunkte und vermeidet den Druck auf den weichen und empfindlichen Bereich der Nüstern.
Die Entscheidung für oder gegen den Sperrriemen hängt von mehreren Faktoren ab. Ein richtig verschnallter Sperrriemen, der dem Pferd genügend Bewegungsfreiraum im Bereich des Kiefers und der Nüstern bietet, kann dazu beitragen, die Hilfengebung zu verbessern und das Pferd vor Schaden durch unruhige Hände zu schützen. Allerdings sollte man bei einem Pferd mit Vorerkrankungen oder besonders empfindlichem Maul auf den Sperrriemen verzichten. In jedem Fall gilt: Wer sich unsicher ist, sollte den Rat eines erfahrenen Trainers einholen.
Unsere Empfehlung: Wenn du dir bei der Verwendung eines Sperrriemens unsicher bist, solltest du idealerweise eine Trense wählen, bei der der Sperrriemen abnehmbar ist, z. B. die Florina KavalSH4. Bei Kavalkade empfehlen wir dafür den KAVAL SH4 . Falls du auf einen Sperrriemen nicht verzichten möchtest, raten wir zu einem seitlich angebrachten Sperrriemen.
Übrigens: Viele der Sperrriemen von Kavalkade sind abnehmbar, was es Reiterinnen und Reitern ermöglicht, optimal auf die Bedürfnisse ihres Pferdes einzugehen. Die Entscheidung, ob mit oder ohne Sperrriemen geritten wird, sollte stets bewusst und individuell getroffen werden, um eine harmonische und pferdefreundliche Reitweise zu gewährleisten.