Jedes Pferd ist individuell – das gilt nicht nur für den Charakter, sondern auch für die anatomischen Gegebenheiten. Genau deshalb reagieren Pferde unterschiedlich auf Hilfengebung und somit auch auf verschiedene Trensen.
In unserer vierteiligen Blogreihe gehen wir mit euch durch, worauf es bei der Wahl der passenden Trense ankommt. In diesem Beitrag konzentrieren wir uns auf die Anatomie des Pferdekopfes, insbesondere auf die Bereiche, auf denen die Trense aufliegt. Denn die falsche Wahl oder eine unpassende Verschnallung kann zu ungesundem Druck und Folgeschäden führen.
Ein Schritt zurück – wie individuell sind Pferde?
Jedes Pferd bringt eine eigene Anatomie mit, die die Passform der Trense beeinflusst. Schauen wir uns die wichtigsten Faktoren an:
Das Skelett
Länge und Breite des Nasenbeines variieren von Pferd zu Pferd und haben Einfluss auf die Auflagefläche der Trense.
Die Stellung des Jochbeins bestimmt mit, wo die Riemen aufliegen.
Die Kiefergröße hat Auswirkungen auf die Bewegungsfreiheit im Maulbereich.
Der gesamte Körper
Je größer und länger ein Pferd ist, desto mehr Kraft muss es aufwenden, um sich aktiv zu bewegen. Diese Kraft wirkt sich auch auf die Trense aus.
Der Kopfbau ist individuell, mal schmaler, mal breiter, mal länger, mal kürzer. Das spielt bei der Wahl der Trense eine große Rolle.
Mobilität
Es gibt Pferde, die bewegen sich mühelos, andere tun sich schwerer. Eine passende Trense bietet hier gute Unterstützung.
Ist ein Pferd feiner und agiler oder stumpfer und schwerfälliger? Beides hat Einfluss auf die Auswahl der Trense.
Charakterzüge
Manche Pferde sind extrem sensibel, andere eher unempfindlich.
Es gibt Pferde, die negativ auf bestimmte Druckarten reagieren.
Wie ist der eigene Reitstil? Feinfühlig und präzise oder eher ungenau?
Das Skelett – Die Basics
Das Skelett ist die Basis für die Auswahl der richtigen Trense. Einige besonders wichtige Anhaltspunkte sind:
Unterkiefer: Der Unterkiefer braucht ausreichend Bewegungsspielraum. Nur so entstehen Balance und eine entspannte Muskulatur.
Kiefergelenk: Eine verspannte Zungen- und Kaumuskulatur übt Druck auf das Kiefergelenk aus. Das kann zu Stress führen und die Nackenmuskulatur beeinflussen – mit negativen Folgen für die Hilfengebung.
Zungenbein: Das Zungenbein ist über Faszien und Muskeln mit dem Kiefergelenk und letztlich dem Schädel verbunden. Es beeinflusst den gesamten Kauapparat und sorgt für die Aktivierung der Bauchmuskulatur, sowie für die Aktivierung der Hinterbeine.
Nasenbein: Das Nasenbein wird zum Ende hin dünner und somit empfindlicher. Es besteht die Gefahr, dass unangenehmer Druck auf die freien Atemwege entsteht.
Jochbein: Das Jochbein ist ein Ansatzpunkt der Kaumuskulatur und liegt nah an wichtigen Nervenbahnen und empfindlichen Stellen.

Besonders druckempfindliche Bereiche
Am Pferdekopf befinden sich Stellen, die besonders sensibel auf Druck reagieren. Hier solltet ihr genau hinschauen:
- Genick: Jeder Riemen übt Druck aus. Es ist wichtig, genau auf die Verteilung zu achten.
- Nasenrücken: Die Trense liegt direkt auf dem Knochen, je tiefer, desto empfindlicher.
- Jochbein: Hier entsteht maximaler Druck auf den Knochen, ebenfalls ohne Polsterung.
- Unterkiefer: Trensen verlaufen immer über den Unterkieferknochen. Besondere Vorsicht ist bei Umlenkrollen oder tiefsitzenden Trensen geboten.
- Augen: Zu enge Stirnbänder üben Druck auf die Augenpartie aus.

Der korrekte Sitz der Trense
- Genickstück mit viel Bewegungsfreiheit des Ohrenspiels. Je nach Mähnenkammhöhe werden unterschiedliche Genickstückarten genutzt.
- Sitz hinter dem Jochbein; knapp dahinter (ca. 1 Finger)
- 2 Fingerbreit Abstand unter dem Jochbein
- Nicht zu tiefer Sitz, um die Atemwege nicht zu hemmen
- Auf eine lockere Verschnallungen achten
Nervenbahnen – unsichtbare, aber entscheidende Faktoren
Nervenbahnen sind komplex und liegen oft im Bereich der Trense. Und auch hier herrscht wieder Individualität: Denn Nervenbahnen liegen niemals bei allen Tieren identisch. Erschwerend hinzu kommt, dass Nervenbahnen nicht sichtbar sind und sich folglich nicht wie Knochen ertasten lassen. Ein paar Grundlagen:
Was sind Nervenbahnen?
Nerven sind für die sensorische Wahrnehmung und Muskelsteuerung verantwortlich.
Besonders wichtig sind die Nervenknotenpunkte
Hier treten zentrale Nervenbahnen von innen nach außen und haben einen starken Einfluss auf die Sensibilität des Pferdekopfes. Besonders betroffen:
Unterhalb des Kiefergelenks bis zur Nase: Hier beginnt der große Gesichtsnerv, der die Mimik steuert.
Unterkieferbereich Richtung Nase: Hier verläuft der Trigeminusnerv, der für die sensorische Wahrnehmung und die Gesichtsmuskeln zuständig ist.

Die Folgen von zu viel Druck auf die Nerven
Zu starker Druck durch eine unpassende Trense beeinflussen die Muskeln im gesamten Pferdekörper und kann ernsthafte Konsequenzen haben:
- Verkrampfung der Rückenmuskulatur
- Schmerzen
- Headshaking
- Stress im Muskeltonus
- Beeinträchtigung im Bewegungsapparat
Viele Pferdebesitzer unterschätzen den Einfluss der Trense auf die Anatomie des Pferdekopfes. Besonders der Nasenrücken, der Unterkiefer und das Jochbein sind empfindliche Bereiche, die leicht unter Druck geraten. Auch anatomische Trensen, die die Nervenbahnen entlasten sollen, sind nicht immer die perfekte Lösung. Oft verlaufen auch diese parallel zu den Nervenbahnen.
Unser Tipp: Zeichne mit Kreide auf den Pferdekopf:
- Jochbein
- Nasenrücken inkl. Endung
- Start der Nüsternlöcher
- Nervenbahnen
So bekommst du eine gute Vorstellung davon, wie dein eigenes Pferd gebaut ist und wo unangenehmer Druck entstehen kann. Dabei wirst du feststellen, dass der Platz, wo eine Trense liegt oft oder gar nicht variabel ist. Manche Pferde haben genügend „Raum“ für Anpassungen, viele jedoch haben den Rahmen den sie geben und nichts anderes geht.
Bleib gespannt, im nächsten Blogbeitrag stellen wir die verschiedenen Trensenarten vor!